Zum 100. Geburtstag von Emil Lustenberger
Aus Anlass des 100. Geburtstags von Emil Lustenberger und in Erinnerung an sein Schaffen für die Schweizer Volksmusik hat das Haus der Volksmusik eine kurze Biografie ausgearbeitet.
Am 9. Februar 1919 wurde Emil Lustenberger auf dem elterlichen Bauernhof Widenmatt in Malters geboren. 1933 wurde der Hof verkauft und die Familie zog nach Kriens. Emil wuchs zusammen mit seinen 5 Brüdern Hans, Sepp, Richard, Toni und Werner in der schwierigen Nachkriegszeit auf, die ihn sein Leben lang geprägt hat.
Nebst vielen Entbehrungen und kargen Lebensverhältnissen brachten die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen auch schöne Erlebnisse mit sich: Gerne zeigte Emil eine Auszeichnung, die er beim Skirennen Schwarzenberg-Malters gewonnen hatte. Schmunzelnd meinte er dazu, er habe eben ein paar gute Abkürzungen gekannt.
Nach der Schulzeit meldete sich Emil bei der Firma BELL in Kriens, die einen Dreher-Lehrling suchte. Er wusste zwar nicht, was das für ein Beruf war, aber er war stolz auf die bestandene Aufnahmeprüfung. Diesen Beruf gibt es heute in der Form nicht mehr – Metallteile werden durch computergesteuerte Maschinen bearbeitet und nicht mehr von Hand hergestellt. Emils Lehrlingslohn, an den er sich sehr gut erinnerte, betrug im ersten Lehrjahr 18 Rp. pro Stunde. Nach der Lehre arbeitete er 15 Jahre bei der Firma von Moos AG.
Die Musik
Emil erhielt ab 1934 auf väterliches Geheiss drei Jahre lang privaten Musikunterricht auf der Klarinette. Die musikalische Familie unterstützte die für die damalige Zeit unerhört teuren Lektionen (à CHF 3!). Ein grosses Vorbild war ihm Kaspar Muther und dessen Spielweise. Seinem Idol nacheifernd, gründete er die Kapelle Gebrüder Lustenberger mit seinen Bruder Werner. In dieser Formation spielte die Kapelle jahrelang an der Krienser und der Malterser Chilbi auf – jeweils vom Nachmittag bis zum nächsten Morgen.
Zweifellos erlebten die Brüder Lustenberger bei Auftritten viele heitere Momente – so waren sie zum Beispiel auf dem Weg zu Radioaufnahmen im Radiostudio Basel und mussten dafür einen Kontrabass mitnehmen. Da sie kein geeignetes Fahrzeug hatten, um das sperrige Instrument zu transportieren, wurde kurzerhand ein Leichenwagen gemietet. Aus dem Rückfenster winkte dann während der Fahrt jeweils ein Musikant den anderen Verkehrsteilnehmern zu.
1945 gründete Emil eine zweite Kapelle unter seinem Namen, die Kapelle Emil Lustenberger. Neben ihm als Bläser spielten in dieser Formation Kaspar Landolt, Akkordeon, Werner Lustenberger, Klavier/Akkordeon, und Toni Amrein, später auch Franz Brändli. Mit seiner über vier Jahrzehnte bestehenden Formation belegte er an manchen Wettspielen den ersten Rang, so 1950 in Brunnen, 1953 in Zug usw.
Mit grossem Stolz erzählte Emil, dass er zusammen mit Franz Brändli jun. und einem dritten Musikanten (Name leider nicht mehr bekannt), jeweils am Bettagsonntag im Restaurant Wasserfall in Engelberg Musik gemacht hatte. Zuerst hatten nur die drei Musikanten gespielt, danach waren immer mehr Musikanten dazugekommen, bis dann die Bettag Musikstubete erfunden wurde. Somit gilt Emil Lustenberger als der«Erfinder» der Bettag Musikstubete im Wasserfall Engelberg, welche noch heute stattfindet.
Viele Jahre trat Emil immer am Freitagabend in der Krienserhalle in Kriens auf. Dort spielte er mit Heiri Emmenegger, Akkordeon, und Walter Wiggli, Klavier, unter der Bezeichnung Hauskapelle Krienserhalle.
Bis ins hohe Alter übte er jeden Tag über Mittag auf seinem Instrument die Tonleitern, sehr zur «Freude» der Nachbarschaft im Meierhöfliquarier in Emmenbrücke.
Aufnahmen und Fernsehauftritte
Die ersten (Schellack-)Schallplatten-Aufnahmen machte Emil Lustenberger 1950 auf Tell Records. Die Kapelle spielte damals mit Toni Amrein, Kaspar Landolt, Werner Lustenberger und Sepp Bürkli 8 Tänze von Jost Ribary sen. ein. Es folgten weitere Aufnahmen in den Jahren 1964 und 1965 jeweils mit der Kapelle Gebr. Lustenberger in folgender Besetzung: Emil Lustenberger, Klarinette und Saxophon, Kaspar Muther, Klarinette und Saxophon, René Wicky, Akkordeon, Werner Lustenberger, Klavier, und am Bass Armin Karrer. Es gab Radioaufnahmen in den 1960er-Jahren mit der Kapelle Gebrüder Lustenberger sowie mit der Kapelle Kaspar Muther-Emil Lustenberger.
1968 trat das 1. Innerschwyzer Saxophonquartett mit Hans Aregger, Walter Fischlin und Joe Kälin für Fernsehaufnahmen auf. Die jungen Herren waren eine recht progressive Formation für die Schweizer Volksmusik – war das Saxophon doch eine recht neue Erscheinung und nicht überall akzeptiert bei den selbsternannten «Experten». Emil spielte im Quartett die Leadstimme in der Sendung«Für Stadt und Land» mit Wysel Gyr.
In den 1970er-Jahren folgten weitere Schallplatten-Aufnahmen mit der Kapelle Emil Lustenberger in der Besetzung Emil Lustenberger, Klarinette und Saxophon, Kaspar Muther, Klarinette und Saxophon, Föns Lustenberger, Akkordeon, Werner Lustenberger, Klavier, und Sepp Bürkli Bass. Diverse Fernsehsendungen wie «Fyrabig» und «Für Stadt und Land» folgten.
Anfang der 1980er-Jahre folgte die TV-Sendung «Fyrabig» mit Carlo Brunner, Kari Suter, Werner Lustenberger, Föns Lustenberger, Sepp Bürkli, Martin Nauer usw. Dort spielte er mit Carlo Brunner seine erfolgreiche Komposition«I de Jägerhütte» und mit Kari Suter das Stück«En urchige Muotathaler».
Das Musikgeschäft und der Verlag
Den gelernten Beruf als Eisendreher bei der von Moos AG hängte Emil Lustenberger 1955 an den Nagel, um sich fortan ganz dem Musikaliengeschäft in Emmenbrücke zuzuwenden, welches er 1948 an der Gerliswilerstrasse eröffnet und mit Hilfe seines Bruders Werner bis dahin nebenher geführt hatte. Dies war der eine Grund, der andere Grund war der stete Streit mit seinem Chef um den einzigen Parkplatz der Firma – Emil hatte als einziger Angestellter ein Auto, alle anderen waren mit Töffli und Velo unterwegs.
Nebst der Platzierung von Musik- und Spielautomaten, Reparatur und Verkauf von Instrumenten und Schallplatten nahm der Aufbau eines eigenen Verlages breiten Raum ein. Berühmte Namen von Ländlermusikkomponisten wie Aregger, Burri, Bigi, Muther, Schilliger, Valotti, Grob, Baumgartner, Wicky, Kaufmann, Feierabend, Gisler, Zwimpfer, Betschart, Rogenmoser, Roos, Lustenberger, Bucheli, Huserbuebe und viele weitere zierten bald die Einbände seiner Ländleralben. Für den Verlag erwiesen sich diese Namen als ebenso durchschlagend wie die zwei Erfolgsstücke «En urchige Muotataler» von Fredy Zwimpfer und «Heirassa»-Polka von Alois Schilliger, deren Verlagsrechte Emil sich gesichert hatte. Im Musikverlag Emil Lustenberger wurden insgesamt 1112 Kompositionen verlegt, davon 60 Eigenkompositionen. 38 Jahre lang wirkte Emil obendrein in der Musikgesellschaft mit. Dafür wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft und die Auszeichnung Eidgenössischer Veteran verliehen.
Seine Frau Mathilde unterstützte Emil tatkräftig mit ihrer Präsenz im Geschäft und zog gleichzeitig die acht Kinder gross, während Emil oft mit Werner zum Platzieren von Musik- und Spielautomaten unterwegs war. Abends spielte er dann noch häufig bei Musikanlässen. Zusammen machte das Paar das «Musikhaus Lustenberger» zu einem Begriff und noch heute, unter der Leitung von Sohn Bruno, bürgt der Name für kompetentes Fachwissen.
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